Von Werten

Es ist bestimmt kein Zufall, dass das Wort „WERT“ im Deutschen zweierlei meint: Wert im materiellen Sinn und Wert im ethischen Sinn. Im Kapitalismus beherrscht die erste Bedeutungsebene fast vollständig das Wortfeld, auch wenn sich bisweilen einige um den ethischen Sinn zu sorgen scheinen und von einem Werteverfall sprechen. Meistens sind das jedoch konservative und rückwärts gewandte Moralapostel, oftmals sexistisch oder homophob oder dumm religiös oder alles zusammen. Sie wünschen sich in eine ihrer Meinung nach heile Welt zurück, mit festen Verhaltensregeln, patriarchalen Geschlechterverhältnissen und hierarchischen sozialen Strukturen, und oftmals geht damit auch latenter oder offensichtlicher Rassismus und Angst vor allem/n als fremd oder nicht „normal“ Empfundenem einher.

Um diese Art von Werteverfall geht es mir hier freilich nicht, also ist es wohl an der Zeit diesen Ausdruck zu resignifizieren, um ihn aus seinem alten Bedeutungssumpf herauszuholen und Überlegungen anzustellen, was mit „Werteverfall“ noch so alles gemeint sein könnte. Die schlimmste Form von Werteverfall ist, dass Menschen im Kapitalismus anhand ihrer ökonomischen Verwertbarkeit be-wertet werden, und dass dadurch ihre Wertigkeit nichts mehr mit ihrem Menschsein an sich zu tun hat, sondern mit ihrer materiellen Produktivität, mit ihrer erzwungenen Schaffung von mehr Wert, sprich Mehrwert, denn das ist der einzige Sinn, den die herrschenden post oder post post-modernen Arbeitsgesellschaften dem Menschen zuweisen. Wie schon an anderer Stelle gesagt, sind die Menschen nichts anderes als Zahlen, die in eine mathematische Formel gepresst werden, und wenn das Ergebnis nicht stimmt, wird nicht versucht die Formel zu verändern, sondern die Menschen und deren Lebensumstände. Wenn die Gleichung nicht aufgeht, dann gilt nicht sie als falsch, sondern die Menschen und ihr Verhalten, und das ist der Gipfel der Perversion und der Menschenverachtung, tief eingeschrieben in unsere Gesellschaften, verankert in unseren Sozialisationssystemen, und verantwortlich für die Erosion unserer Sozialsysteme. Wenn man von klein auf lernt, dass man nur etwas wert ist, wenn man etwas leistet, wobei dieses Etwas von vorneherein festgelegt ist (ökonomische Verwertbarkeit), dann ist es schwer bis unmöglich sich aus diesem Denk- und Verhaltensmuster zu befreien, weil es so tief sitzt, dass es einem natürlich erscheint, und weil man dieses Denken nur schwer wieder ver-lernen kann ob seiner Allgegenwärtigkeit und ob seiner scheinbaren Normalität und Unausweichlichkeit. Aber wie heißt es doch so schön: Nichts ist unmöglich!

Ich glaube daran, dass wir Menschen dazu in der Lage sind, Fragen zu stellen, die die herrschenden Denk- und Verhaltensmuster offenlegen und durchbrechen können, weil wir es verdammt nochmal WERT SIND, die Marionettenfäden, an denen wir lebenslang hängen, sichtbar zu machen und dann genüsslich zu durchschneiden, und weil wir ALS MENSCHEN das RECHT haben auf ein Leben jenseits von ökonomischer Verwertbarkeit und Produktivität, jenseits von Entfremdung und Funktionabilität, dafür aber ein Leben im Diesseits von Loyalität, Solidarität, Integrität und Gleich(wertig)keit VERDIENEN! Jeder einzelne Mensch ist mehr wert als alle materiellen Mehrwerte zusammen, und Gesellschaften, die von sich selbst behaupten, human oder demokratisch zu sein, müssten eigentlich eine NULLTOLERANZ gegenüber allen Strukturen und Mechanismen haben, die den Wert eines Menschen auf der materiellen Ebene fixieren oder ihn als Kostenfaktor behandeln, denn das ist un-menschlich, abartig und im wahrsten Sinne des Wortes wider-natürlich. Wie konnte es nur so weit kommen, dass ein Großteil der Menschen in eine Art Wachkoma gefallen ist, dass in unseren Gesellschaften Soziopathen und Psychopathen das Sagen haben und als Vorbilder fungieren, und dass sich dagegen so selten Widerstand formiert??? Ja, es ist nicht leicht, sich aus den Fesseln des Diskurses zu befreien, aber das himmelschreiende Unrecht und die katastrophalen Zustände in vielen Gebieten der Welt könnten doch als Weckruf dienen, oder etwa nicht? Der Wert der meisten Damen und Herren Politiker müsste doch eigentlich sofort in den Keller fallen bei genauerer Betrachtung ihrer „Politik“, denn wo ist die CDU christlich und wo ist die SPD sozialdemokratisch und wo sind die Grünen grün? Was sagt es aus über diese Leute, wenn ihre erste Amtshandlung darin besteht, sich die Diäten zu erhöhen, während die Ärmsten der Armen von den Jobcentern sanktioniert werden und ihnen auch noch der letzte Rest von Würde und Menschenwert genommen wird? Wie menschenverachtend muss die innere Haltung eines gewählten „Volksvertreters“ sein, wenn er sich dazu bemüßigt fühlt zu sagen, dass „wer nicht arbeitet auch nicht essen soll“? Und wie unsolidarisch und unethisch ist eine Gesellschaft, die auf Konkurrenz und nicht auf Kooperation basiert, auf einem sozialdarwinistischen Gegeneinander statt auf einem menschenwürdigen Miteinander?

Mensch muss nur einmal richtig hinsehen, um zu erkennen, wie der kapitalistische Hase läuft, und wenn er schlau ist, dann wird er zum antikapitalistischen Igel, der seine Fähigkeiten clever einsetzt und so lange an der selbstgefälligen Selbstherrlichkeit des Hasen sägt, bis dieser erschöpft und besiegt ist. Ich wünsche mir, WEIL ICH ES MIR WERT BIN, dass wir den Wert eines Menschen ausschließlich anhand seines Menschseins bemessen, anhand seines Geburtsrechtes auf ein menschenwürdiges Leben, und ich wünsche mir, dass alle eine totale Dyskalkulie entwickeln, und die verachtenswerte Berechnung unter den Menschen aufhört, bis zur völligen Unberechenbarkeit. IGEL ALLER LÄNDER VEREINIGT EUCH!

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